Besinnung für April und Mai

Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Gemeinde,

zart sind die Anfänge. Und zärtlich lässt das Grün unsere Blicke werden. Klein sind die ersten Zeichen im Frühling, aber sie werden immer deutlicher mit jedem Tag. Neues Licht und ein neuer Frühling kommen! Doch kann unsere Hoffnung mit diesem Tempo mithalten? Kann unsere Hoffnung wachsen mit jedem neuen Grün, das wir entdecken?

Ich überlege, welches Adjektiv zur Hoffnung passt. Ist die Hoffnung klein? Oder unbeirrbar? Ist sie fast unsichtbar? Oder geschlagen und zerbrochen wie ein morscher Ast?

Irgendwie schlagen wir uns durch. Haben einen Umgang mit dem Leid aus Terror und Krieg, aus Hunger und Elend in dieser Welt gefunden. Auch mit der eigenen Erschöpfung. Und merken doch immer wieder, nein, das haben wir nicht. Dann spüren wir sehr deutlich, wie „aufgescheucht“ unsere Seelen sind. Kann da die Botschaft von Ostern an unsere Seele und an unser Herz heranreichen? Wie hören wir den Zuspruch, dass der Tod nicht das letzte Wort hat? Es heißt, Gott in Jesus nimmt dem Tod den Stachel. Das Leben ist größer, die Liebe ist größer.

Klein ist die Hoffnung. Zärtlich das Grün. In einem Passionslied lese ich, dass das Kreuz zum Baum des Lebens wird und schwere Frucht bringt (EG 97 Strophe 6). Klein ist die Hoffnung im Anblick von Kreuz und Tod, und doch reichhaltig soll die Frucht werden, die daraus hervorgeht.

So wächst eine Osterbitte in mir: Gott möge uns in den Frühling hinaustragen und unsere Hoffnung nähren. Uns Anzeichen von Frieden und Erfahrungen von gutem Leben für Menschen schenken, die in Not geraten sind. Es ist eine Bitte und hat doch etwas sehr Dringliches. Wie eine Klage. Hilf Gott!

Wir brauchen einen neuen Frühling für unsere Seele. Mit warmem, liebevollem Licht. Mit Licht von der Osterkerze, von der Sonne, aber auch von Zeichen der Solidarität unter den Menschen und Licht von allen auffindbaren Friedenslichtern dieser Welt.

Im Frühling ist noch nicht die Zeit für schwere Frucht. Zart sind die Blüten noch, doch Frucht möge es geben. Süß und schwer.Wie die Frucht dabei genau wird, das liegt nicht nur in unseren Händen. Aber doch auch! Und so frage ich: Was können wir tun, damit unsere Hoffnung wächst?

Ich denke, es ist ein guter erster Schritt, neugierig bereit zu sein für die Zeichen. Wachsam und liebevoll nach Zeichen der Hoffnung Ausschau zu halten. Und wenn wir welche gefunden haben, dann sollten wir sie hegen und pflegen wie Schätze. Es liegt darin allerdings eine Zumutung. Die Zumutung, die eigene Seele nicht zu verschließen, ihr nicht zu erlauben, sich einzuigeln. Sondern mit Zeichen von Gottes Handeln zu rechnen. Auf sie zu warten und da, wo wir sie entdecken, dann die ganze Seele für sie zu öffnen. Und sie, wenn möglich, zu teilen.

Ich wünsche uns und Ihnen den nötigen Mut dazu, herzlich,

Ihr Jonas Bauer