Besinnung Februar März

Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Gemeinde,

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Ich spüre Zuwendung, Wärme und Nähe.

Es ist schön gesehen zu werden, so wie ich bin. Das ermutigt, das stärkt. Das schenkt Kraft zum Leben. Und es tut weh, wenn es nicht so ist. Übersehen zu werden, das verletzt die Seele. Die Jahreslosung für das Jahr 2023 ruft ein Jahr der Zuversicht aus: Hoffnung darauf, gesehen zu werden. Für Momente der Nähe. Für alle Kraft, die es braucht.

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“

Es ist die biblische Frau Hagar, die Gott diesen Namen gibt. Sie ist Sklavin von Sara, der Frau Abrahams. Von Gott fühlt Hagar sich verstanden, von ihm fühlt sie sich gesehen.Von den Menschen nicht. Sie ist allein und in Not, auf der Flucht. Sie leidet. (1. Buch Mose 16). Hagar wird in dieser Situation gesehen. Gott spricht ihr Segen zu in Ihrer Not. Zukunft verspricht er für sie und alle ihre Nachkommen. Den Namen, den sie Gott daraufhin gibt, der wird als der erste persönliche Name Gottes in die Bücher eingehen. Hagars Erfahrung wird weiterzählt. Auch heute. Du bist ein Gott, der mich sieht.

Wie viele Menschen sehnen sich nach so einem Blick und werden doch übersehen? Ich überlege: Gott hat derzeit ganz schön viel zu tun, wohltuende Blicke er- fahrbar werden zu lassen. Wohltuende Blicke, die so gebraucht werden. Wie viele Augen hat Gott wohl, um Menschen so einen aufmunternden, ja anerkennenden Blick zu schicken? Ich denke, es sind mindestens zwei Augen mehr als es menschliche Augenpaare gibt. Mindestens zwei mehr. Gott hat uns Menschen aus gutem Grund zu seinem Ebenbild gemacht.

Auch wir selbst können solche Blicke schenken. Nicht so einen wertenden oder gar abschätzigen, auch nicht den schweifend gelangweilten Blick. Auch nicht den „ich weiß schon, wer du bist Blick“. Sondern so einen „ich sehe dich Blick“, ich schaue dich an und sehe, wer du bist. Wie du bist. Auch neugierig. So dass du fühlst, ich meine wirklich dich.

Wenn alle Menschen das einem oder auch zwei, drei anderen Menschen zukommen lassen, dann ist es eigentlich möglich, dass alle Menschen das erleben. Alle das erleben, was Hagar erlebt hat. Einen Hagar-Moment. Trotz Leid und Not. Ich fühle mich gesehen. Und gehe mit diesem Blick den Weg, der sich mir zeigt. „Weil du mich siehst, kann ich aufrecht stehen...Weil du mich siehst, geh ich meinen Weg“. So dichtet Christiane Bundschuh-Schramm für ein Lied.

Und wenn meine optimistische Rechnung nicht ganz aufgehen sollte, weil die Welt noch ist wie sie ist, dann ist es Hagar, von der wir erzählen können. Wir erzählen, Gott hat Augen. Er hat einen Blick, der dich sieht und trägt.

Ich wünsche Ihnen für das Jahr 2023, dass Sie sich gesehen fühlen. Ich erinnere Sie aber auch an Ihre eigene Kraft, solche Blicke anderen Menschen zu schenken. Und bitte Gott darum, dass Sie ein solcher Blick trifft: Du bist ein Gott, der mich sieht. Er macht zwar die Not nicht vergessen, aber er hilft für den Weg durch die Not hindurch. Hin zum Segen wie bei Hagar.

Seien Sie behütet und all diejenigen auch, die Sie ansehen.

Herzlich,
Ihr Jonas Bauer