Besinnung für August und September

Mondspitze GipfelkreuzFoto: Hannes Pfefferle

Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Gemeinde,

das Gipfelkreuz auf der Titelseite steht auf 1.967 Metern Höhe in Österreich in der Region Vorarlberg. Der Berg heißt Mondspitze und gibt den Blick frei auf viele weitere, ihn umgebende Gipfel. Das Bild auf dem Handy zeigt die Silvretta Gruppe im Hintergrund. So hat es mir Hannes Pfefferle erzählt, der die Situation erlebte und das Foto gemacht hat. Das Kreuz leuchtet in der Abendsonne. Ich staune, wie das Kreuz dem Licht einen kunstvoll gestalteten Rahmen gibt.
Ich spüre: Wem das Kreuz zusagt, dem schenkt ein solches Gipfelerlebnis eine ganz besondere Erfahrung. Das Kreuz kann als Zeichen von den Strapazen des Aufstiegs empfunden werden und dann auch als Zeichen der Freude darüber, angekommen zu sein. Ein Geschenk. Auf dem Foto gar mit ganz besonderem Licht. Und dazu ein Rundumblick auf dem Gipfel wie ein Zeichen von Freiheit, die direkt erfahrbar wird.
Wer das Kreuz hingegen ablehnt, der fühlt sich gerade an solch prominenter Stelle im öffentlichen Raum zuweilen bedrängt. Selbst Reinhold Messner lehnt die Vereinnahmung des Berges durch christliche Symbole ab. Er plädiert aber dafür, dass bestehende Kreuze erhalten und gepflegt werden. So hält es auch die Region Vorarlberg seit 1988: Neue Kreuze wird es nicht geben, aber die bestehenden bleiben erhalten. Im 13. Jahrhundert sind erste Gipfelkreuze aufgestellt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es die meisten neuen Kreuze auf Gipfeln – auch im Gedenken an Verstorbene. Die Kreuze dienen als Markierung, als Erinnerungsorte – und auch als Blitzableiter und Wetterstationen. Das Christentum hat seit jeher gerne zentrale Orte aufgesucht. Kirchen stehen an prominenter Stelle, sind zum Teil weithin sichtbar wie die Dreifaltigkeitskirche. Und so sind sie Zeichen einer zentralen Rolle,
die das Christentum beansprucht: Für das Leben, für die Gesellschaft. Und mit diesem Anspruch folgt unweigerlich auch als Konsequenz, dass es auch eine umkämpfte Religion ist. Menschen sagen ja dazu, andere nein. Und die Fallhöhe ist natürlich groß, wenn der hohe Anspruch in der Kirche selbst unterlaufen wird. So werden womöglich deshalb derweil eher Kirchen umgewidmet oder auch von anderen Religionen umbesetzt.
Wo finden wir Glauben? Wo finden wir das, was uns trägt und stärkt? Sehr gerne an prominenten Orten, an zentralen Orten – eben traditionell wie in der Kirche in der Mitte eines Dorfes. Oder auf einem Gipfel, ganz oben, dem Himmel so nah. Es kann stattdessen aber auch an ganz unscheinbaren Orten sein, also gar nicht am Ziel des Weges, sondern eher wie nebenbei. Um zentrale Orte wird es auch immer Streit geben – gerade dann, wenn es wie derzeit auch gute Gründe gibt das Christentum und seine Symbole – oder die damit verbundene Institution Kirche abzulehnen.

Egal ob Menschen sich selbst als Christinnen und Christen verstehen oder die Religion von der Außenperspektive her wahrnehmen, ich träume davon, dass das Christentum als Bereicherung erlebbar wird – für alle Menschen. So wie das Kreuz auf der Mondspitze. Es ist ein sehr schönes Beispiel wie ein Kreuz einen Ort nicht in erster Linie besetzt, sondern in seiner Schönheit und Einfachheit einfach überzeugt. Und das Licht kommt dann einfach so dazu. Das ist ein Geschenk.

Ich wünsche auch Ihnen ein solches Geschenk im Laufe dieses Sommers,

Ihr Jonas Bauer