Politische Zeitansage mit Lücke Gedenkveranstaltung würdigt „Darmstädter Wort“ zum 75. Jubiläum

"Wir sind in die Irre gegangen“ ist ein markanter, wiederkehrender Satz des Darmstädter Wortes, des Schuldbekenntnisses des Bruderrates der Bekennenden Kirche von 1947. In einem epochalen Schritt bekannte sich dieser zur Mitverantwortung an „Irrwegen“, die zum Nationalsozialismus führten. Die Erklärung sollte einen grundlegenden Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichen. Der Veröffentlichung des Darmstädter Wortes vor 75 Jahren ist jetzt in Darmstadt am Ort dessen Entstehung, im Elisabethenstift, eine Gedenkveranstaltung gewidmet worden.

Da-Wort

Sie bot Dreierlei: Raum für die Würdigung der wegweisenden Wirkung des Wortes von 1947 für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit, für Kritik an dessen Versäumnissen und für Impulse, die das Wort in der heutigen Zeit geben kann.

Auf der Gedenktafel, die seit 2017 vor dem Feierabendhaus des Elisabethenstifts hängt, in dem das Darmstädter Wort verfasst wurde, steht: „Wir sind in die Irre gangen...indem wir das erkennen und bekennen, wissen wir uns als Gemeinde Jesu Christi freigesprochen zu einem neuen besseren Dienst zur Ehre Gottes und zum ewigen und zeitlichen Heil der Menschen. Darum bitten wir inständig: ...werdet euch in dieser Freiheit und in großer Nüchternheit der Verantwortung bewusst, die alle und jeder einzelne von uns für den Aufbau eines besseren deutschen Staatswesens tragen, das dem Recht, der Wohlfahrt und dem inneren Frieden und der Versöhnung der Völker dient.“ Unter diesem Zitat ist zu lesen: Die Befreiungserfahrung dieses
Schuldbekenntnisses ermutigt zum Einsatz für Demokratie, Weltoffenheit, Gerechtigkeit und Frieden.

Hintergrund "Darmstädter Wort":

Am 8. August 1947 veröffentlichte der Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland ein „Wort zum politischen Weg unseres Volkes“. Es ist das letzte große Wort des noch nach dem Ende des Krieges existierenden Bruderrates der Bekennenden Kirche und prangert die Irrwege des Deutschen Volkes an, die in die Katastrophe von Nationalsozialismus und Krieg führten. Es gilt als Positionspapier, das nicht nur nach innen an die Kirche gerichtet war, sondern im Sinne einer Denkschrift an das gesamte Volk. Es wollte den Deutschen, die schon vor der NS-Zeit eingeschlagenen Irrwege aufzeigen. Allerdings enthält das „Darmstädter Wort“ selbst einen
Irrweg: Weder die Shoa und Antisemitismus noch Rassismus werden darin thematisiert. Das Wort kann auch heute zur kritischen Reflexion gegenwärtiger Irrwege helfen und zu neuen Schritten ermutigen: Schritte hin zu Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung und zur Überwindung von Antisemitismus und Rassismus.