Neues Leben. Auch die Ruhe und Stille von Covid-19 sind eine Herausforderung

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Gemeinde,

die neue Situation unseres Lebens ist ernst und beispiellos. Die Entwicklungen sind bedrohlich und die Ängste um Leib und Leben sowie um wirtschaftliche Existenzen werden größer. Auch die Stille und Ruhe im öffentlichen Leben ist ungewohnt. Viele liebgewonnene Dinge müssen wir auf Zeit ruhen lassen. Mit aller Unsicherheit der Frage: für wie lange?

Kinder sind zu Hause und wollen versorgt sein. Für die einen ruht die Arbeit und für andere nimmt sie ein bedrohliches Ausmaß an. Wir denken zunächst an alle, die im medizinischen Bereich arbeiten. In Madrid wurden sie mit stehenden Ovationen gefeiert. Ich hoffe auch, dass hier in Deutschland den Menschen gebührend Dank entgegengebracht wird, die uns medizinisch betreuen. Dieser Dank gilt aber auch allen anderen, die für den täglichen Bedarf arbeiten und die öffentliche Ordnung aufrechterhalten.

Zunächst herrschte Hektik - vom Hamsterrad des Alltags zu Hamsterkäufen. Alles muss neu organisiert werden, auch der Alltag zu Hause und in den Familien. Neue Tages- und Wochenstrukturen sind zu entwickeln und zu verkraften, neue Rollen als Hilfslehrer/innen einzuüben. Die Krise verschärft je nach eigener Situation Sorge und Angst, verschärft Einsamkeit oder steigert die Arbeitsanforderungen ins Unermessliche. Die finanzielle Not steigt wegen großer geschäftlicher Verluste. Unterstützen Sie Menschen und Geschäfte vor Ort wie Sie können und Möglichkeiten dazu entdecken!

Auf der anderen Seite schenkt die neue Situation vielen Menschen auch die Möglichkeit, Zeit zu haben für Dinge, die lange zu kurz gekommen sind. Welche Ideen haben Sie dazu?

Ich denke an ein Buch, das schon lange darauf wartet gelesen zu werden. Einen Anruf, der vor sich hergeschoben wurde. Es ergibt sich vielleicht auch die Zeit, einen Brief zu schreiben. Und ja, auch für den Frühjahrsputz ist in diesem Jahr mehr Zeit als sonst. Vielleicht helfen ja auch die Kinder mit.

Vielleicht ergibt sich für sie auch der Raum sich großen Fragen zu stellen. Was war es eigentlich, was ich mir vom Leben erhoffte? Was macht uns als Gesellschaft aus, welchen Anteil habe ich daran?

Insgesamt mögen Ihnen gute Ideen gegen Angst und Sorge entgegenkommen und die Kraft, Distanz einzuhalten. Ich hoffe, dass Sie auch Angebote der Gemeinde vorfinden, die Ihnen zusagen und die helfen können, Halt zu finden. Über das Einüben von „Distanzfreundlichkeit“ hinaus wird es viele kreative Ideen unter uns geben, die uns auch in dieser Zeit verbinden.

Im 2. Timotheusbrief heißt es: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

Ich setze auf die Kraft zur Besonnenheit, dass es gemeinsam gelingt die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen, so dass diejenigen versorgt werden können, die es elementar brauchen.

Ich danke unserer Presse und dem wissenschaftlichen Fortschritt, dass wir gut informiert werden und die Krise auf hohem Informationsniveau begleitet wird. Das war zu Zeiten anderer Epidemien wie der Pest und der spanischen Grippe nicht der Fall.

Ostern wird in diesem Jahr nicht auf den kirchlichen Kalender fallen, sondern dann gefeiert werden, wenn die Not und die Entbehrung ein Ende finden. Zum kirchlichen Osterfest wird es Musik vom Kirchturm geben als Hoffnungszeichen auf das neue Leben. Dass Liebe erwacht und verbindet. Es ist gerade auch die Musik und das Singen, die verbinden. Das werden wir vielleicht schon vor Ostern gemeinsam erfahren - so wie Menschen in Italien. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen in der Gestaltung der Krisenphase und Halt im Glauben und Gebet. Für Abschiede, die wir werden nehmen müssen, wünsche ich Ihnen Kraft und Besonnenheit in der Begleitung von Menschen, die krank werden und Zeiten eigener Erkrankung und der damit einhergehenden Angst.

Paul Gerhardt hat in Zeiten der Pest in seinem Lied „Die güldene Sonne“ Zuversicht vermittelt. Im Alltag und über das Leben hier hinaus. Im Singen können wir diese Zuversicht spüren und sie uns gegenseitig zukommen lassen. In gebotener Distanz. Nur Mut!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Jonas Bauer, Pfr.