Besinnung für Oktober und November
Foto: Mark Adler, Titelgestaltung: Theresa Röser
Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Gemeinde,
wenn sich am Himmel ein Regenbogen zeigt, dann schaue ich gebannt hin. Der Regen ist vorüber, die Sonne kommt und der Himmel glitzert in allen Farben. Und schön ist es, wenn sich dann ein deutlicher Bogen über den ganzen Himmel spannt. Das fasziniert. Und ich glaube nicht nur mir, sondern ganz vielen Menschen geht da das Herz auf.
Umstritten ist der Regenbogen allerdings als Fahne. Steht die Fahne für Frieden – wie deutlich erkennbar durch den Schriftzug „Peace“ mitunter –, dann erscheint mir auch da die Zustimmung hoch zu sein. Denn Frieden ersehnen die meisten von uns.
Wird die Fahne jedoch als Zeichen für Vielfalt und Buntheit gesehen, auch der Vielfalt sexueller Orientierungen und Identitäten, dann geht mitunter der Kampf los. Es geht um Freiheit und manche meinen, diese Freiheit beschränken zu wollen. Wie der Kampf, ob die Armbinde beim Fußball regenbogenfarben sein darf oder verboten werden soll. Manche sehen hier einen Kampf, an dem gar Europa zugrunde gehen könnte. Unversöhnlich prallen „Weltanschauungen“ aufeinander. Wie ein „Krieg“ in den Köpfen. So wie es jeder reale Krieg auch zu werden droht: ein Krieg in den Köpfen, der lange nachwirkt. Unversöhnlich über Jahre, Jahrzehnte oder gar Generationen bleiben dann entstandene Gräben oft bestehen.
Solche Gräben tun sich derzeit auch innerhalb von Deutschland auf, wie die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zeigen. Kirche hat sich hier eindeutig positioniert: „Unser Kreuz hat alle Farben!“ Es beschäftigt mich aber, dass Aussöhnung und die Frage nach Frieden auch zum Gegenstand dieses Kampfes geworden sind.
Obgleich Gewalt und Krieg im Namen des Staates – wie aus der Perspektive der Ukraine gesehen – eine relative Berechtigung haben, so bleibt doch oberstes Gebot, alle Chancen für Frieden zu suchen und umzusetzen. Nicht um jeden Preis, aber doch so deutlich, dass es als oberstes Gebot erkennbar bleibt. Daran erinnert uns auch der Regenbogen!
Im alten Babylonien und im alten Israel war der Regenbogen ein Zeichen für den Kriegsbogen. Gott hat ihn in den Himmel gehängt. Biblisch in der Geschichte nach der Sintflut. Gott hat versprochen, keinen Krieg mehr gegen die Menschen zu führen. Der Bogen ist in den Himmel selbst gerichtet und nicht auf die Menschen. So sind seitdem alle Kriege auf der Welt menschliche Kriege und können im Rahmen unserer menschlichen Verantwortung mit Bemühungen um Frieden beendet werden.
Möge uns alle der Regenbogen dazu kräftig immer wieder leuchten und uns daran erinnern, Frieden als oberstes Gebot wahrzunehmen und anzustreben. Und notwendigen Streit zu führen, ohne den Frieden aus dem Blick zu verlieren.
Herzlich, Ihr Jonas Bauer